Reinigung der Melkanlage

Milch ist ein leichtverderbliches Lebensmittel, da ihre Zusammensetzung für Keime und Bakterien optimale Lebensbedingungen bietet. Während des Melkvorganges gelangen Keime und Bakterien in die Melkanlage, die sich bei ungenügender Reinigung in der Zwischenmelkzeit vermehren können.

Die Reinigung und Desinfektion der Melkanlage dient zur vollständigen Entfernung von Milch und Milchbestandteilen aus der Melkanlage. Nach der Reinigung sollten alle milchführenden Teile von toter und lebender Verschmutzung befreit sein, um vollständig mit dem Desinfektionsmittel benetzt zu werden.

Die gründliche Reinigung von Melkanlagen trägt ganz entscheidend zur Erhaltung der Eutergesundheit bei. Bei mangelhafter Reinigung vermehren sich die Mastitiserreger in der Zwischenmelkzeit und bilden ein Infektionspotential. Die in der Anlage verbleibenden Keime können beim nächsten Melken durch den Respray der Milch zum Euter transportiert werden. So kommt es zu immer wiederkehrenden Neuinfektionen, bis diese Infektionskette unterbrochen wird. Bereits bei Konzentrationen von etwa1000 Keimen pro ml Milch besteht ein Infektionsrisiko für die Kühe. An der Höhe der Sammelmilchkeimzahlen lässt sich die mangelhafte Reinigung des milchableitenden Systems nicht immer ablesen, da Konzentrationen von weniger als 10 000 Keimen /ml Milch nicht differenziert werden.

Der Zusammenhang zwischen verkeimten Zitzengummis und der Mastitisgefahr durch Respray wurde in der Literatur schon in den 70 ger Jahren beschrieben. Besonders hohe Anforderungen an die Reinigung stellen die milchführenden Gummiteile. Während die Melkleitung aufgrund ihrer glatten Oberfläche relativ leicht zu reinigen ist, haben Zitzengummis nicht so glatte Oberflächen. Durch die zusätzliche Materialbeanspruchung der Zitzengummis und die damit verbundenen Alterungsprozesse wird diese Situation noch verstärkt. Auch die Nähe zum Euter führt zu einem großen Infektionsrisiko durch unsaubere Zitzengummis.

Auch bei optimaler Reinigung unterliegen alle milchführenden Gummiteile einem Alterungsprozess, der sich durch zunehmende Verkeimung bemerkbar macht. Daher sollten Zitzengummis alle 750 Betriebsstunden, spätestens alle halbe Jahr, ausgewechselt werden (Silikongummis haben in der Regel die doppelte Lebensdauer). Alle übrigen milchführenden Gummiteile, zu denen Gummiteile in stationären Milchmengenmessgäten, Milchflußindikatoren und Gummidichtungen in Milchschlössern zählen, sollten einmal pro Jahr ausgewechselt werden.

Die zunehmende Verkeimung der Melkanlage bei einer mangelhaften Reinigung lässt sich unter anderem durch Tupferproben nachweisen.


Allgemeine Erklärung zu den Reinigungssystemen der Melkanlage

Die Reinigung der Melkanlage wird mit Hilfe eines Reinigungsautomaten durchgeführt. Es gibt verschiedene Reinigungsverfahren, Zirkulationsreinigung, die Kochendwasserreinigung und die Stapelreinigung.

Die Reinigung der Melkanlage gliedert sich in 4 Bereiche:

1. Vorspülen
2. Reinigen
3. Desinfizieren
4. Nachspülen


Die Zirkulationsreinigung

Das Wasser wird jeweils frisch und unmittelbar vor dem Reinigungsvorgang aus der Wasserleitung entnommen und im Hauptwaschgang vom Reinugungsautomaten aufgeheizt. Es gibt Systeme, die eine Nachheizeinrichtung haben, um das Wasser immer wieder aufzuheizen. Bei den Systemen ohne Nachheizeinrichtung müssen die Wärmeverluste durch entsprechend hohe Ausgangstemperatur ausgeglichen werden.
Das Verfahren der Zirkulationsreinigung zeichnet sich dadurch aus, dass das Wasser im Vorspülgang (1) einmalig durch die Anlage läuft, um Milchreste heauszuspülen. Im Hauptwaschgang (2 und 3, reinigen und desinfizieren sind ein Arbeitsgang) zirkuliert das Wasser, dem R und D Mittel zudosiert wird, mehrmals durch die Anlage, um so eine Reinigung und Desinfektion zu erzielen. Nach dem Reinigungs- und Desinfektionsvorgang wird nachgespült.


Die Kochendwasserreinigung

Die Kochendwasserreinigung ist der Zirkulationsreinigung ähnlich, die Temperatur sollte bei 77°C für die Dauer von 3 Minuten liegen.


Die Stapelreinigung

Die Stapelreinigung fand in Deutschland in Neuanlagen Mitte der 90 ger Jahre Einzug. Dies Reinigungsverfahren ist aus der milchverarbeitenden Industrie bekannt. Erklärtes Ziel ist es, Betriebsmittel wie Wasser und R und D Mittel einzusparen. Das wird erreicht, in dem das Wasser nach dem Hauptwaschgang aufgefangen, zwischengestapelt und etwa 12 Mal wiederverwendet wird. Dadurch wird eine Reduzierung der Wassermenge und der Reinigungsmittelmenge erreicht, da nur die als verbraucht angenommene Reinigungsmittel Menge erneut zudosiert wird. Der Reinigungsvorgang ist vom Desinfektionsvorgang getrennt. Zwischen Reinigung und Desinfektion wird die Anlage gespült. Das Nachspülwasser, nach dem Desinfektionsvorgang wird ebenfalls aufgefangen und dient bei der nächsten Reinigung als Vorspülwasser. Das Vorspülwasser wird nicht aufgefangen. Die Bauteile entsprechen denen der Zirkulationsreinigung, zusätzlich noch Stapelbehälter für das Wasser aus dem Hauptwaschgang und das Wasser aus dem Nachspülgang.


Komponenten der Reinigung

Der Wirkungsgrad der Reinigung hängt von mehreren Faktoren ab: Temperatur, Reinigungsmittelkonzentration, Turbulenzen und Zeit.

Um eine vollständige Reinigung der Melkanlage zu erreichen ist eine Mindesttemperatur für die gesamte Reinigungsdauer und eine Mindestkonzentration an Reinigungsmittel erforderlich.

Bei der überprüfung des Reinigungs- und Desinfektionsvorgangs fällt in der Praxis immer wieder auf, daß häufig weder Reinigungstemperatur noch Reinigungsmittelkonzentration den Anforderungen genügen.


Reinigungsmittelkonzentration

Die Reinigungsmittelkonzentration sollte 0,5% betragen. Die Reinigungsautomaten sind so eingestellt, daß sie für die Wassermenge des Hauptspülgangs das Reinigungsmittel zudosieren. Unberücksichtigt bleibt häufig jedoch die Restwassermenge aus der Druckleitung, die vom Vorspülen eventuell noch in der Leitung ist. Durch diese zusätzliche Wassermenge ergibt sich ein Verdünnungseffekt, der die Reinigungsmittelkonzentration auf weniger als 0,5 % senkt. So werden teilweise nur 0,3 % Konzentration erreicht, was nicht ausreicht. Abhilfe kann hier ein Automatisches Entwässerungsventil schaffen, was die Restwassermenge nach dem Vorspülgang aus der Anlage laufen lässt.


Temperatur

Die Temperatur im Hauptwaschgang sollte bei 50°C über einen Zeitraum von 15 bis 20 Minuten (nicht bei Kochendwasserreinigung) liegen. Da aber, wie oben erwähnt, die Zitzengummis die höchste Anforderung an die Reinigung stellen, müssen die 50°C am Zitzengummi erreicht und 15 bis 20 Minuten lang gehalten werden. Die Reinigungslösung wird im Reinigungsautomat erhitzt und dann in Umlauf gebracht.
Durch lange Melkleitungen und Vorspülen mit kaltem Wasser geht sehr viel Wärme verloren, daher reicht es nicht, einmalig die Rücklauftemperatur zu messen. Um die Temperatur überprüfen zu können muß am Melkzeug über die gesamte Reinigungsdauer gemessen werden. Solche Messungen sind in Abb. 1 und 2 dargestellt. Zwischen Punkt A und B liegt der Hauptwaschgang. Die Temperatur in Abb. 1 liegt für 17 Minuten und 48 Sekunden über 50°C. Bei Abb. 2 werden die 50° C am Melkzeug gar nicht erreicht. Mit solchen Messungen lassen sich Temperaturverläufe über die Zeitdauer der Reinigung sehr gut darstellen.

Wer Probleme mit häufig wiederkehrenden Mastitiden hat, sollte auch die Reinigung und Desinfektion der Melkanlage überprüfen.


Dipl. Ing. agr. Gertrud Brunotte-Schütte, Echem

[erschienen unter dem Titel "Sauber ist nicht genug" in:
Land und Forst, Ausgabe 3.2000, 8. Juni 2001, Seite 30

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